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Bundesweit Archiv Atomerbe

Karsten Hinrichsen übergibt Brokdorf-Bestände

(Sa., 06.09.25/ SW) An einem sonnigen Samstag Ende August machten wir uns auf den Weg an die Elbe. Ziel dieses „politischen Ausflugs“ war das schmucke Häuschen in Brokdorf direkt hinter dem Deich, in dem Karsten Hinrichsen seit gut vier Jahrzehnten lebt. Der heute 82-jährige gilt als Herzstück des Widerstands gegen das AKW Brokdorf, hat viele der imposanten Großdemonstrationen miterlebt und den Protest immer tatkräftig mitorganisiert. Bereits Mitte der 1970er kämpfte der promovierte Meteorologe mit Unterschriftensammlungen, auf Bürgerversammlungen, bei Erörterungsterminen und vor Gericht gegen das AKW Brokdorf. Trotzdem ist es 1986 ans Netz gegangen, ausgerechnet im Jahr der Tschernobyl-Katastrophe. 

Schon damals hatte Karsten gegen die Inbetriebnahme geklagt. Später versuchte er, die Abschaltung des Meilers gerichtlich zu erzwingen und klagte 2015 beim Oberverwaltungsgericht Schleswig auf Entzug der Betriebsgenehmigung. Er sorgte stets und unermüdlich dafür, dass die Diskussion um Brokdorf und die Atomkraft nicht abebbte. Gemeinsam mit einigen Mitstreitern der Gruppe „Brokdorf akut“ hatte er fast 500 Mahnwachen durchgeführt und in den letzten Jahren regelmäßig zum Tschernobyl-Jahrestag die „Protest- und Kulturmeile“ am Elbdeich mitorganisiert. 

Das Atomkraftwerk ging am 31.12.2021 vom Netz, der Protest wurde nach einer „Abschaltparty“ ruhiger, doch Karsten blieb und bleibt unermüdlich, die Auseinandersetzung ist ja auch noch nicht vorbei. Der Rückbau und die drohenden weiteren CASTOR-Transporte beschäftigen ihn weiterhin. Trotzdem hat er sich jetzt entschlossen, seine auf Papier gesammelten Erfahrungen und Informationen der Nachwelt zu überlassen und hat das „Archiv Deutsches Atomerbe“ bevollmächtigt, einen Großteil seiner Schriftstücke zu archivieren. 

Keineswegs eine Geste des Aufgebens, sondern eine des Übergebens an künftige Generationen. Das spürten wir deutlich, als wir nach einem schönen, aber langen Tag auf der Autobahn mit seinen Umzugskisten voller Aktenorder am Abend erschöpft und beeindruckt in Salzgitter auf den Hof fuhren. Ziel der Reise war das „Archiv Deutsches Atomerbe“. Karstens Vermächtnis wird hier nun sorgfältig archiviert und dem Bestand zugeführt, damit künftige Generation Zugriff auf diese Zeitgeschichte haben. 

Unsere Transportfahrt war ehrenamtlich, aber das Archiv freut sich über Spenden oder weitere Mitgliedschaften, damit das Bewahren unserer gemeinsamen Anti-Atom-Geschichte gesichert ist.