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Die Mär von billiger Atomenergie

Campaign for Nuclear Disarmament

(Dieter Kaufmann, 31.01.2024) Atommeiler Hinkley Point C ist ein Milliardengrab – wie alle westlichen Atomkraftwerke, weltweit. Aktuell berichtet die Presse verstärkt über die Kostensteigerungen beim Bau des AKW Hinkley Point C. Das englische AKW ist schon lange im Zeit- und Kostenverzug. Jetzt soll es erst 2029 fertig werden und 40 Mrd. Euro kosten, andere Medien schreiben es könnte auch 2031 sein mit Kosten von dann 53 Mrd. Euro. Das bedeutet hohe Stromkosten auf Dauer für die Menschen auf der Insel vor dem Kontinent Europa.

„Jüngstes Beispiel für die Kostensteigerung zeigt sich im türkischen Akkuyu wo der russische Staatskonzern Rosatom dabei ist, den ersten von geplanten vier Atommeilern fertigzustellen. Er soll 2024 ans Netz gehen. Der garantierte Abnahmepreis beträgt 12,35 $-Cent pro kWh für 15 Jahre. Atomstrom ist in der Türkei damit 4 bis 5 Mal teurer als Solar- oder Windenergie.“ schreibt aktuell die Nuclear Free Future Foundation*.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien schreitet weltweit voran und wird immer billiger, während die Atomenergie immer teurer wird, wie aktuell bei Hinkley Point zu sehen ist. Für das Klima ist die Atomenergie unwirksam und spielt keine Rolle. Auch andere AKW-Projekte in Finnland und Frankreich in Flamanville und Cadarache (Fusionsreaktor) laufen ebenfalls aus dem Ruder. In Cadarache wurden 5 Mrd. Euro Kosten 2005 angesetzt, heute werden 21 Mrd. Euro für das Jahr 2050 prognostiziert.

AKW Renaissance? Nein Danke! Auf der COP 28 in Dubai verpflichteten sich letztes Jahr 22 Länder in einer Erklärung (Nuclear Pledge) bis 2050 den AKW Ausbau zu verdreifachen, 170 Länder entschieden sich dagegen und unterschrieben diese Erklärung nicht. Zukünftig wird es aufgrund der Alterung der weltweiten Atomreaktorflotte voraussichtlich zur Schließung von 10 Atomkraftwerken (10 GW) von 2018 bis 2050 pro Jahr kommen. So würde die Atomindustrie im Westen im Jahresdurchschnitt 10 Atomreaktorbaustarts benötigen und bräuchte jährlich 10 Atomkraftwerke, die an das Stromnetz geschaltet werden müssten, um allein die aktuelle AKW-Leistung aufrechterhalten zu können.

Klar ist nur eins, sagte Linda Kalcher, Direktorin des Klima-Thinktanks StrategicEU in ihrer Bewertung der COP28: Die fossilen Energien aus Kohle, Gas und Öl haben keine Zukunft. Atomkraft dürfe daher „nicht als Argument genutzt werden, um sich den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu sparen oder weiter in fossile Energie zu investieren“. Alleine werde die Atomkraft nicht reichen: „Da setzen viele aufs falsche Pferd.“ warnt die Expertin.

Die nukleare Renaissance der 2000er Jahre war aufgrund der Katastrophe von Fukushima 2011, der katastrophalen Kostenüberschreitungen bei AKW-Projekten und der totalen Unfähigkeit der Atomenergie, wirtschaftlich mit erneuerbaren Energien zu konkurrieren, ein Reinfall. Die jüngste Renaissance geht in die gleiche Richtung, d.h. ins Nirgendwo. Die Atomkraft hat im vergangenen Jahr einen Rückschritt gemacht. Unter dem Strich ergab sich 2023 ein Kapazitätsverlust von 1,7 GW. Der Zubau der erneuerbaren Energien erreichte einen Rekordwert von 507 GW, fast 50 Prozent mehr als 2022.

Billige Atomenergie gab es nie. Kein Wunder, dass die AKW Betreiber in der Schweiz und in Deutschland vom Neubau von AKW nichts wissen wollen. Wie alle anderen Stromproduzenten weltweit haben sie auf Erneuerbare Energien umgeschaltet. Selbst für den Bundesverband der Deutschen Industrie ist die Atomenergie im Augenblick kein Thema. Kein Stromkonzern wird in Deutschland ein Atomkraftwerk bauen, weil die Kosten viel zu hoch sind und immer aus dem Ruder laufen werden. Keine Regierung und kein Land kann eine Laufzeit von 60 Jahren zusagen. Der technische Fortschritt schreitet so rasant voran wie noch nie. Niemand kann sagen, was in 10 Jahren sein wird. Atomkraftwerke können nur mit massiven öffentlichen und versteckten Subventionen gebaut werden. Die Versicherungspflicht müsste teilweise ausgesetzt werden. Bei einer steigendenden Bevölkerung in Deutschland von etwa 85 Millionen Menschen ein totaler Wahnsinn.

Zur Erinnerung: Der Atomausstieg 2011 wurde damals im Konsens aller Bundestagsparteien ganz besonders von Union und FDP vorangetrieben im Einvernehmen der Bevölkerung in Deutschland, 80 Prozent wollten „sofort“ aus der Hochrisikotechnologie Atomenergie aussteigen. Weltweit gab es ähnliche Umfragewerte. 60 Prozent der Weltbevölkerung wollten raus aus der Atomenergie. Es gab damals nur drei Staaten, wo die Bevölkerung es knapp nicht wollte: USA, Indien und Polen.

Dieter Kaufmann, Arbeitskreis gegen Atomanlagen Frankfurt am Main

 

* https://www.nuclear-free.com/mediaportal/news/atomenergie-behoerde-iaea-will-kernenergie-gipfel-in-bruessel-ausrichten.html


Presse

Der geplante Atommeiler Hinkley Point C könnte bis zu 40 Milliarden Euro kosten und wird frühestens 2031 ans Netz gehen. Für Premier Sunak und die europäischen Atomkraftbewegung ist das ein Rückschlag.
https://www.handelsblatt.com/politik/international/kernkraft-britisches-atomkraftwerk-wird-zum-milliardenrisiko/100009820.html
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Atomkraftwerk Hinkley Point C wird wohl wesentlich teurer als geplant
Das AKW, das momentan am Standort Hinkley Point C in England gebaut wird, könnte wegen einiger Faktoren mehr kosten als geplant und später fertig werden.
https://www.heise.de/news/Atomkraftwerk-Hinkley-Point-C-wird-wohl-wesentlich-teurer-als-geplant-9607794.html
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Green Planet Energy

Weitere Verzögerungen beim Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C. Die teure und gefährliche Atomkraft muss endlich in die Geschichtsbücher verbannt werden!
https://www.presseportal.de/pm/16698/5699660
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Hinkley Point C: Der Bau des britischen Vorzeige-AKW wird zum Desaster
https://www.diepresse.com/18028281/hinkley-point-c-der-bau-des-britischen-vorzeige-akw-wird-zum-desaster
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Bauverzögerungen und höhere Kosten für Hinkley Point C
Laut Électricité de France (EDF) verzögert sich die Inbetriebnahme der EPR-Einheit Hinkley-Point-C1 auf frühestens 2029. Die Gesamtkosten werden auf Neu GBP 31 bis 34 Mrd. (CHF 34 bis 37 Mrd.) geschätzt.
https://www.nuklearforum.ch/de/news/bauverzoegerungen-und-hoehere-kosten-fuer-hinkley-point-c/
Industriemanager will Atomkraft in Deutschland

Der Vorstandsvorsitzende des Leverkusener Chemiekonzerns Covestro, Steilemann, hat eine Wiederinbetriebnahme der stillgelegten deutschen Atomkraftwerke gefordert. Für den Bundesverband der Deutschen Industrie ist die Atomenergie derzeit kein Thema. 28.01.2024 https://www.deutschlandfunk.de/industriemanager-will-atomkraft-in-deutschland-102.html