Newsübersicht

Konrad Atommüllreport

Schacht KONRAD am Ende

(Atommüllreport/ 06.05.2025) Einlagerung von Atommüll in Schacht KONRAD nur mit Rechtsbeugung möglich

Am 16. April berichteten das Magazin Plusminus und die Tagesschau, dass nach geltender Rechtslage keine Einlagerung von Atommüll in Schacht KONRAD erfolgen könne. Dies gehe aus vertraulichen Dokumenten hervor, die BR und NDR exklusiv vorliegen würden. Die gehobene wasserrechtliche Erlaubnis schreibt eine Begrenzung der wassergefährdenden Stoffe vor, die in Schacht KONRAD eingelagert werden dürfen. Aufgrund von Grenzwertverschärfungen in den letzten Jahren ist kein einziges Gebinde für das alte Eisenerzbergwerk freigegeben. Eine Abhilfe ist mit rechtlich korrekten Mitteln zumindest langwierig und eventuell gar nicht zu erreichen.

Für den Betrieb des geplanten Atommülllagers für schwach- und mittelaktive Abfälle Schacht KONRAD gibt es einerseits den atomrechtlichen Planfeststellungsbeschluss, andererseits eine Gehobene wasserrechtliche Erlaubnis (GwE). [1] Sie regelt den Schutz von Grund- und Trinkwasser nicht nur vor den in den Gebinden enthaltenen radioaktiven, sondern auch den nicht-radioaktiven, aber wassergefährdenden Stoffen. Sie listet 94 wassergefährdende Stoffe wie Arsen, Quecksilber und PCB auf, deren Menge in den einzelnen Gebinden zu dokumentieren ist. Während die Verantwortlichen sich bei der atomrechtlichen Genehmigung auch heute noch darauf zurückziehen, dass für Schacht KONRAD die Sicherheitskriterien der Reaktor-Sicherheitskommission für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Bergwerk von 1983 gelten würden, können sie Vergleichbares bei der wasserrechtlichen Erlaubnis nicht. Hier müssen Grenzwertverschärfungen in den Grund- und Trinkwasserverordnungen berücksichtigt und eingehalten werden.

Die Kritik, die in den beiden bisher vertraulichen Unterlagen laut den Beiträgen von NDR und BR geäußert wird [2], hat zwei Komponenten. Dr. Bruno Thomauske, der bis 2003 beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) für das Projekt Schacht KONRAD verantwortlich war, zielt in seinem Gutachten auf die Berechnungsgrundlagen für die wassergefährdenden Stoffe ab. "In den 303.000 Kubikmetern Atommüll, die in "Konrad" landen sollen, dürften zum Beispiel nur 43 Kilogramm Quecksilber enthalten sein oder nur elf Gramm Platin. Werden diese Grenzwerte exakt eingehalten, kann laut Experten nur ein Bruchteil der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle eingelagert werden. 2010 haben sich die Verantwortlichen des Endlagers deswegen eine eigene Berechnungsgrundlage geschaffen, um folglich doch große Mengen an Atommüll einlagern zu können." [2] Diese Änderung der Berechnungsgrundlage, so Dr. Thomauske, sei aber so wesentlich, dass dieBetreiberin, die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE), beim Niedersächsischen Umweltministerium eine Genehmigung hätte einholenmüssen. Thomauske: "Dazu braucht man in der Regel Genehmigungsverfahren, in denen man begründet, weswegen höhere Mengen eingelagert werden. Ein solches Genehmigungsverfahren wurde nicht angestrengt." [2]

Das zweite Dokument eines Beraters für das Bundesumweltministerium zielt - laut NDR und BR - ebenfalls auf die neue Berechnungsgrundlage ab: "Die Berechnungsgrundlage sei "abhängig von den jeweils aktuell gültigen wasserrechtlichen Gesetzen und Verordnungen". Heißt: Bei jeder noch so kleinen Änderung müsse neu berechnet werden, für jeden einzelnen Container. [...] Ein Scheitern des Endlagers sei daher das wahrscheinlichste Szenario." [2]

Die Stellungnahme thematisiert den gleichen Sachverhalt wie eine Stellungnahme der Entsorgungskommission vom Oktober 2024. Darin stellt sie fest: „Aktuell gibt es keine Gebinde, die die Anforderungen aus den derzeit gültigen Endlagerungsbedingungen sowie den gemäß der Gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis weiter zu berücksichtigenden Regelwerken vollumfänglich erfüllen und damit im Endlager Konrad eingelagert werden können.“[3]

Die Empfehlung der Entsorgungskommission ist bemerkenswert: Sie empfiehlt, die Verschärfungen zum Schutz von Grund- und Trinkwasser, die nach 2011 erlassen worden sind, auf das Atommülllager Schacht KONRAD einfach gar nicht anzuwenden. Weil eine sichere Zwischenlagerung der strahlenden Abfälle in den Zwischenlagern laut Entsorgungskommission zu teuer werden würde, soll der Müll bei KONRAD an geltendem Regelwerk und dem Trinkwasserschutz vorbei unter die Erde geschafft werden.[3] Die Aussage des Präsidenten des Bundesamtes für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (BaSE), Christian Kühn, dass die BGE und das Land Niedersachsen jetzt "die Köpfe zusammenstecken müssen" [4] klingt da jedenfalls auch nicht sehr vertrauenserweckend.

Quellen

[1] Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb des Bergwerkes Konrad in Salzgitter, 22.05.2002

[2] Wird Schacht KONRAD nie in Betrieb gehen? tagesschau.de, 16.04.2025

[3] Fehlende endlagerfähige Abfallgebinde für das Endlager Konrad – Ursachen, Konsequenzen und Empfehlungen, Stellungnahme der Entsorgungskommission (ESK), verabschiedet in der 118. ESK-Sitzung am 24./25.10.2024

[4] Die ewige Suche nach dem Endlager in Deutschland, Plusminus 16.04.2025