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Atommüll Alarm 2014

„Atomtransporte halten die Spirale am Laufen“

(Do., 28.08.14) Seit gut drei Jahren gibt es die „BürgerInneninitiative Kiel gegen Atomanlagen“. Eines ihrer Hauptanliegen heißt, Atommülltransporte ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Insbesondere stehen Frachtschiffe im Fokus, die regelmäßig den Nord-Ostsee-Kanal passieren, um Uranerzkonzentrat von St. Petersburg in den Hamburger Hafen zu liefern. Irene von der BI Kiel erklärt, warum diese Transporte so viel Zündstoff enthalten. Das Interview führt Antonia Uthe (Ut).

Ut: Irene, worum geht es Dir und Euch bei Eurer Arbeit in der BI Kiel?

Irene: Ich habe mich schon länger mit Urantransporten in verschiedenen Ländern beschäftigt. Die BI Kiel gegen Atomanlagen will vor allen Dingen aufmerksam machen. Durch den Nord-Ostsee-Kanal gehen Transporte, die frische Brennelemente, Uranhexafluorid oder Uranerzkonzentrat – auch Yellow Cake genannt -  geladen haben. Dieses Konzentrat wird von St. Petersburg aus nach Hamburg geliefert, wo die Container dann auf Züge verladen werden, um zur Weiterverarbeitung nach Malvési in Südfrankreich gebracht zu werden.

Ut: Schleswig-Holstein hat ja viele  Probleme mit der Atomenergie. Die Atommüllfässer in Brunsbüttel zum Beispiel. Was ist gerade an den Transporten so brisant?

Irene: In Deutschland gibt es jährlich ca. 10.000 Transporte, die mit Atomenergie zu tun haben. Sie werden viel zu wenig beachtet. Dabei halten die Atomtransporte die Spirale am Laufen.

Ut: Ihr habt dabei besonders die Schiffstransporte im Blick. Weil sie besonders gefährlich sind?

Irene: Bei Schiffen sind Brände viel gefährlicher. Man kommt an die Container sehr schwer ran. Auf den großen transatlantischen Schiffen ist die Ladung gemischt. Uranhexafluorid ist nur ein Material von vielen. Hier stehen oft Munition und Brennelemente nebeneinander. Die Uranfrachter von St. Petersburg nach Hamburg sind meistens auf Uranerzkonzentrat spezialisiert.

Ut: Und welche Rolle spielt hierbei der Nord-Ostsee-Kanal?

Irene: Er ist die größte künstliche Wasserstraße weltweit.33.000 Schiffe fahren hier im Jahr und es passieren regelmäßig Unfälle. Etwa einmal wöchentlich kommt ein Transport mit Uranerzkonzentrat hier durch.

Ut: Transporte sind ja quasi Verbindungslinien zwischen den Atomstandorten. Kann man sagen, dass sie die Abhängigkeiten voneinander markieren?

Irene: Für uns ist es wichtig mit diesen Transporten von Yellow Cake auch gleichzeitig die Problematik des Uranabbaus zu thematisieren. Die größten Abbaugebiete befinden sich wohl in Kasachstan, aber auch in Usbekistan und Namibia wird Uran abgebaut. Das ist hier für uns weit weg. Wenn wir auf die Urantransporte aufmerksam machen, weisen wir auch auf die Probleme in den Abbaugebieten hin. Während des Antiatomcamps z.B. (Anm.: 9. Bis 16. August bei Kiel) wurde wohl wegen dieser Veranstaltung ein Schiff mit Yellow-Cake Ladung um Dänemark herum umgeleitet. Nachdem das Schiff schließlich den Hamburger Hafen erreicht hatte und die Container auf den Zug umgeladen waren, gelang es diesen Urantransport mit einer Ankettaktion, für weitere fünf Stunden zu blockieren.

Ut: Irene, Du hast gesagt, die Transporte halten die Spirale am Laufen. Für die  weltweiten Verflechtungen spielen Frachtschiffe eine tragende Rolle Was passiert, wenn die Container auf Züge verladen sind, gibt es Kontakte zu den Standorten in der Bundesrepublik?

Irene: Die meisten Transporte stehen in Verbindung mit Gronau und Lingen (Anm. Urananreicherung und Brennelementefabrik mit unbefristeter Genehmigung). Da gibt es Kontakte, aber es gibt auch eine Vernetzung über die gesamte Strecke. Wenn die Container im Hamburger Hafen ankommen und in Maschen im Bahnhof gesichtet werden, dann gehen sie über Osnabrück, Münster, Köln, Trier bis nach Südfrankreich, Narbonne, weiter. Das wird an vielen Stellen beobachtet.

Ut: So eine Art Meldesystem also. – Wenn Du einen Wunsch an die Bundesregierung frei hättest, was würdest Du Dir wünschen?

Irene: Von der Politik würde ich mir gar nichts wünschen, ich würde dieses kapitalistische Wirtschaftssystem und diese Politik abschaffen. – Wenn ich mir etwas wünschen soll, dann ein System, in dem Atomanlagen nicht möglich sind.