Asse-II-Koordinationskreis
Kontakt: Udo Dettmann, Tel. 0177 2 00 00 86
PK 30.06.08, Hannover
Zwischenbilanz zur aktuellen Auseinandersetzung um ASSE II
Aktuell: Cäsium, Strontium und illegale Endlagerung.
Durch den ASSE-II-Begleitprozess und intensive Recherchen von KritikerInnen und Medien sind in den letzten Wochen eine ganze Reihe bedeutsamer und besorgniserregender Informationen an die Öffentlich gekommen. Hierzu gehören die Belastung von Laugen in der ASSE II mit Cäsium, Strontium und Plutonium, z.T. oberhalb von Grenzwerten. Diese Belastungen zeigen, dass bereits jetzt radioaktive Stoffe in Lösung gegangen sind und vagabundieren; ob Grenzwerte um das zweifache, achtfache oder elffache überschritten werden, ist dabei eher nebensächlich.
Dass radioaktive Abfälle (fest und flüssig) in der ASSE II ohne atomrechtliche Genehmigung gehandhabt, umgelagert und verbaut wurden, zeugt von unterentwickelten Problembewusstsein, kennzeichnet die Haltung des Betreibers und des Landesbergamtes zum Atomrecht und bestätigt jedes Misstrauen.
Grundproblem: Laugenzuflüsse.
Die ASSE II wird aber nicht erst durch die jetzt bekannt gewordenen Fakten zum Skandal. Der Skandal ist, dass seit mehr als 40 Jahren Atommüll in einem Bergwerk lagert, von dem von Anbeginn klar war, dass es für diesen Zweck denkbar ungeeignet ist. Anwohner führten bereits 1964 an: altes und instabiles Bergwerk, hohe Durchbauung, Lage und Nähe des Carnallits, Wasserzuflüsse.
Dass seit 1988 Lauge in das Bergwerk fließt und sich dem Atommüll, der eigentlich sicher und trocken über 1.000.000 Jahre von der Biossphäre isoliert werden sollte, in den letzten Jahren gefährlich genähert und ihn schließlich erreicht hat, ist der eigentliche GAU der Endlagerung.
Flutung des Atommülls macht aus dem GAU den Super-Gau.
Die jetzt geplante Flutung verschlimmert die Probleme, statt sie zu lösen. Berg wird aufgeschwemmt, Flüssigkeit ist immer als Transportweg geeignet und kann durch geeignete Mechanismen (Konvergenz u.a.) Radioaktivität in die Biosphäre transportieren (HotDog). Die geplante Wirksamkeit ist rein spekulativ, spätere Korrekturen werden dadurch erschwert, Beweise vernichtet. Darum ist die Frage der Flutung akut entscheidend für die Sicherung eines geordneten Umganges mit dem Atommüll. Wir fragen uns besorgt, was die drei Minister wissen, was wir nicht wissen, wenn sie jetzt von einer Klärung der Schließungskonzeptes im Herbst reden.
Wo liegt die Ursache (Systematik) für 44 Jahre falsche Aussagen ?
Voraussetzung für die weitere Diskussion des Schließungskonzeptes, aber auch für die Sicherheitsdiskussion an anderen Standorten ist die Klärung der Frage, wieso es zu der Standortentscheidung für ASSE II kommen konnte und wie die Geeignetheit und Sicherheit der Anlage im Wechselspiel von Politik und Wissenschaft 44 Jahre aufrecht erhalten werden konnte.
Dabei geht es nicht, um rechtliche, politische oder moralische Bewertungen, sondern eine methodische Klärung ! Es ist für uns keine Frage, dass alle (Parteien), die in dieser Zeit Verantwortung hatten, auf die eine oder andere Art involviert sind. Wir fragen nach den Mechanismen, die Wissenschaftler zu falschen Ergebnissen geführt hat und PolitikerInnen z.T. bis heute dazu verführt, über die ASSE II falsch Zeugnis zu reden.
Zu Fragen ist hier auch nach der Rolle von Wissenschaftlern, die in der Endlagerforschung standortübergreifend tätig sind und deren Karriere aus ASSE II resultieren. Wie kann man den Aussagen zu Gorleben „glauben“, wenn sie zu ASSE II so fürchterlich falsch lagen.
Wir meinen daher, dass das ASSE-II-Desaster Konsequenzen haben muss für den Umgang mit Atommüll. Vorfestlegung auf „Wartungsfreie, nicht-rückholbare Endlagerung“ ist zu kurz gedacht, Zwischenlagerung darf nicht ausgeblendet werden. Grundsätzlich bleibt der sofortige Stopp von weiterer Produktion von Atommüll der Königsweg.
Atomrecht vs. Bergrecht
Im Zentrum der Betrachtung darf nicht stehen, was in diesem Bergwerk noch möglich ist, sondern der geforderte Isolationszeitraum von 1.000.000 Jahre. Das ist das gute Recht der AnwohnerInnen, die über Jahrzehnte in gutem Glauben gelassen wurden, es gäbe kein Risiko. Und viele Fehler der Berg-Administration resultieren eben aus der unklaren Rechtslage.
Wir unterstützen darum weiterhin die Klage ! –
Es gibt am Standort ASSE II keine Null-Risiko-Lösung mehr !
Sowohl Verbleib, wie auch Räumung des Bergwerkes bringen Risiken mit sich, die sorgsam abgewogen werden müssen. Darum wird es in Zukunft nicht mehr reichen, Sicherheit zu behaupten, sondern ist erforderlich, die mit geplanten Maßnahmen verbundenen Risiken so konkret wie möglich zu beschreiben. (Aber bitte nicht: Rausholen = totale Belastung, drinlassen keine Gefahr).
Die Erfahrungen mit ASSE II und der gescheiterten „Entsorgung“ sind ein guter Grund für eine Neubewertung der Atomenergie !