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Konrad

Gezielte Desinformation - Hat das Bundesamt für Strahlenschutz das nötig?

(26-05-16/U.S.) Die Salzgitter Zeitung berichtet in ihrer heutigen Ausgabe unter dem Titel "Was Konrad alles schlucken muss" von einer Informationsveranstaltung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter. Die zitierten Äußerungen sind derart irreführend, dass wir uns zu einer Richtigstellung veranlasst sehen:

BfS: "Nur 11 Prozent dessen, was im Schacht Konrad ab 2022 eingelagert werden soll, ist überhaupt radioaktiver Abfall. [...] Der Rest: Behälter und Fixierstoff".

Richtigstellung: Der radioaktive Abfall muss in den Abfallgebinden fixiert und samt den Behältern eingelagert werden. Das ist notwendig, weil der Abfall strahlt und weil seine physikalisch-chemischen Eigenschaften ohne die Fixierung zu sehr unerwünschten Reaktionen führen würden. Deshalb ist es unsinnig, zwischen der Ummantelung und dem Inhalt eines Gebindes zu unterscheiden. Noch dazu, da das Gebinde durch den Inhalt kontaminiert wird.

Im Übrigen führt gerade die große Menge an Metall, die mit den kompaktierten Abfällen eingelagert werden soll, zu neuen, schwerwiegenden Problemen. Die Zersetzungsprozesse unter Tage führen zu einer weitaus größeren Gasbildung, als in den damaligen Antragsunterlagen angenommen. Der Gasdruck wiederum kann zu ganz neuen, bisher nicht betrachteten Ausbreitungsmechanismen der Radioaktivität an die Oberfläche führen.

BfS: "Demnach stammt der Hauptteil mit 37 Prozent des bislang für KONRAD vorgesehenen Mülls aus Forschungseinrichtungen (etwa Laborabfälle und Filter)".

Richtigstellung A: Der Hauptanteil der Abfälle, die nach KONRAD verbracht werden sollen stammt mit 55 Prozent von der Energiewirtschaft (Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz). Dabei handelt es sich um Betriebs- und Stilllegungsabfälle.

Richtigstellung B: 37 Prozent der Abfälle sollen von der Öffentlichen Hand angeliefert werden (Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz). Dabei handelt es sich vor allem um radioaktive Abfälle aus den Forschungszentren Karlsruhe, Jülich, Geesthacht und Rossendorf, sowie um die Abfälle aus den DDR-Atomkraftwerken Rheinsberg und Greifswald. Der radioaktive Abfall aus den Forschungszentren besteht nur zu einem geringen Teil aus Laborabfällen und Filtern.

Das Kernforschungszentrum Karlsruhe betrieb neben einer Wiederaufarbeitungsanlage einen Schnellen Brüter und Forschungsreaktoren. Der Betriebsteil "Hauptabteilung Dekontaminationsbetriebe" betreibt das größte Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Deutschland. Die Altabfälle entsprechen nicht den Annahmebedingungen von Schacht KONRAD. Für ca. 13.000 bereits konditionierte Abfallgebinde soll nachträglich eine Zulassung für die Lagerung in Schacht KONRAD erwirkt oder bestätigt werden. Der baden-württembergische Umweltminister (Grüne) drängt auf eine Änderung der Annahmebedingungen für Schacht KONRAD um eine kostenaufwändige Nachkonditionierung und Neuverpackung zu vermeiden.

Das Jülicher Forschungszentrum betrieb neben zweier Forschungsreaktoren den Hochtemperaturreaktor AVR Jülich. Der Reaktordruckbehälter des AVR ist aufgrund schwerer Störfälle so stark verstrahlt, dass er im letzten Jahr in ein eigens für ihn errichtetes Zwischenlager umgelagert werden musste. Dort muss er für Jahrzehnte lagern, bevor die Radioaktivität so weit abgeklungen ist, dass er zerlegt werden darf, um in Schacht KONRAD eingelagert werden zu können. 

BfS: "...aus der Stillegung von Kernkraftwerken (etwa Bauschutt, Metalle, Mischabfälle aus Textilien, Handschuhen, Schläuchen und Ähnlichem)".

Richtigstellung: In Schacht KONRAD soll kein Bauschutt eingelagert werden. Dieser wird so lange dekontaminiert, bis er rechtlich auf normalen Hausmülldeponien gelagert werden kann. Textilien werden in der Regel verbrannt. Oberstes Ziel der Abfallverursacher ist die Reduktion des Volumens radioaktiver Abfälle. Schließlich müssen sie deren Lagerung nach Volumen und nicht nach Radioaktivitätsinventar bezahlen; zur Zeit 25.000 Euro pro Kubikmeter Abfall in Schacht KONRAD. Deshalb werden die großen Mengen an kontaminierten Abfällen auf vielfache Weise behandelt, um möglichst viel davon zu verbrennen und zu verdampfen, auf normalen Deponien zu lagern oder wiederzuverwerten. Für Schacht KONRAD bleiben aus diesen Prozessen die Abfälle in Form von Aschen, Schlacken, Konzentraten und Filterstäuben, in denen die Radioaktivität angereichert worden ist.

Kommentar:

Der Bericht von der Informationsveranstaltung des BfS erinnert an die 1980er Jahre. Damals hatte der Betreiber bei allen möglichen Gelegenheiten behauptet, in Schacht KONRAD würde vor allem Müll aus der Medizin gelagert werden. Inzwischen musste er zugeben, dass der Anteil an Medizinmüll in KONRAD im Promillebereich liegen würde. Man fragt sich, warum die Behörde es nötig hat, die Gefahren zu verharmlosen, statt offen und ehrlich damit umzugehen. Es handelt sich bei den für KONRAD vorgesehehen Abfällen um schwach- und mittelradioaktive Stoffe, die teilweise für Hunderttausende von Jahren für den Menschen und die Umwelt gefährlich sind. Fühlt sich das Bundesamt für Strahlenschutz mit seinen veralteten Plänen, diese gefährlichen Abfälle in dem alten Erzbergwerk einlagern zu wollen, derart in der Defensive, dass es zum alten Mittel der Desinformation greifen muss? 

Ursula Schönberger