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Schacht KONRAD im Niedersächsischen Umweltausschuss

(Di. 01.03.16/UT) „Wir würden heute als Betreiber sicher nicht so ein Bergwerk nehmen“, stellte Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), während einer Anhörung im Niedersächsischen Umweltausschuss fest. Die Rede war von Schacht KONRAD. Anlass dieser Anhörung ein Entschließungsantrag der Landtagsfraktionen von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen zum Thema "Keine Kapazitätserweiterung von Schacht KONRAD - statt dessen Überprüfung nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik". Um alle Mitglieder auf einen aktuellen Wissensstand zum geplanten Atommülllager Schacht KONRAD zu bringen, hatte der Umweltausschuss neben dem BfS und den am Ausbau beteiligten Firmen auch Vertreter des Salzgitteraner Bündnisses gegen KONRAD sowie den Rechtsberater der Stadt Salzgitter (Dr. Wollenteit) eingeladen, Stellung zu nehmen. Von Betreiberseite war lediglich das BfS zugegen.

Kritik an den Auswahlkriterien

Die Wahl auf Schacht KONRAD sei strukturpolitisch erfolgt, gab der Salzgitteraner Oberbürgermeister Frank Klingebiel zu bedenken, auch das Nationale Entsorgungsprogramm (NaPro) habe da wenig Transparentes geboten. So schaffe man kein Vertrauen. Auch Wolfgang Räschke, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Salzgitter-Peine, monierte die Zufälligkeit der Standortauswahl ohne Alternativen geprüft und ohne das Umfeld mit tausenden Industriearbeitsplätzen in unmittelbarer Nähe berücksichtigt zu haben. Dieses Zufallsprinzip entspräche nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik. Zu den von König immer wieder beteuerten Sicherheitsmaßnahmen, die beim Ausbau berücksichtigt würden, entgegnete Räschke: „Die bestmögliche Sicherheit an „irgendeinem Standort“ gäbe keine Auskunft darüber, ob es auch der bestmögliche Standort und das bestmögliche Konzept sei.“

Doch um diese Sicherheit geht es den Betreibern augenscheinlich gar nicht. Bundesumweltministerin Hendricks hatte bei ihrem Besuch in Salzgitter im Januar verkündet: Ob der Standort (KONRAD) sicher sei, könne sie nicht sagen, doch da er nun da sei, bleibe das so. Und König, der zwar einräumte, dass die Wahl heute anders ausgefallen wäre, machte dies allein daran fest, dass parallel zu den Ausbauarbeiten immer wieder aufwändige Sanierungen der alten Erzgrube notwendig wären. Dies würde die Inbetriebnahme immer weiter nach hinten verschieben. Dass dadurch auch die Kosten ins Uferlose steigen, verschwieg der BfS-Präsident. Den Hinweis von Miriam Staudte (Grüne), „die Genehmigung für das Atommüllprojekt KONRAD sei durch verfahrenslenkende Weisungen“ beeinflusst worden, konnte König nicht bestätigen, er hätte nicht die Befugnisse dazu.

Eine Frage der Gerechtigkeit

Ursula Schönberger (Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD), die sich seit über dreißig Jahren intensiv mit den Gegebenheiten und Prozessen um Schacht KONRAD auseinandersetzt, mahnte veraltete Sicherheitsstandards bei KONRAD an. Ob Geologie, Radionuklidausbreitung, Gasbildung oder Transporte: grundsätzliche Fragen seien bei der Genehmigung von KONRAD gar nicht gestellt, geschweige denn neuen Erkenntnissen oder Gegebenheiten angepasst worden, gab sie zu bedenken. Als Beispiel nannte sie die angenommenen Konservativitäten (ausgehend vom angenommen Höchstwert) für die Einlagerungsgebinde. Durch moderne Konditionierungsmethoden sei es möglich, die radioaktiven Stoffe auf ein so geringes Volumen zu verdichten, dass diese Konservativitäten vollkommen ausgeschöpft würden und es keine Sicherheitszone mehr gäbe. Das sei nicht der Stand für Wissenschaft und Technik. Sie könne nicht verstehen, so Schönberger, dass an den Sicherheitskriterien für KONRAD nicht gerüttelt werden dürfte, wenn es aber um verschlechterte Bedingungen ginge, die aber kostengünstig für die Betreiber seien, sehr wohl Veränderungen möglich seien. Dem BfS, das immer betont, dass es Sicherheitsdefizite nicht erkennen kann, empfahl sie einfach mal hinzusehen.

Welchen Sinn macht es, weiterhin an einem Projekt festzuhalten, das in keinster Weise den Sicherheitsstandards von Wissenschaft und Technik entspricht, wenn eh ein anderes Atommülllager eingerichtet werden muss, das diesen Standards entspricht? Wie gerecht wäre diese Zweiklassen-Lagerung gegenüber den zukünftigen Generationen, die in der Region um KONRAD leben werden?

Rechtsanwalt Wollenteit sah, wenn eine Erweiterung nicht möglich sei, Schacht KONRAD für verzichtbar an. Mehrere Lager wären weder ökonomisch noch umweltpolitisch sinnvoll. Einer Erweiterung, wie sie auch mit der neuen Version des NaPro noch nicht vom Tisch sei, räumte der Rechtanwalt wenig Chancen ein. Denn dabei handelte es sich um eine „Wesentliche Veränderung“, auf Grund derer die Aufsichtsbehörde (Niedersächsisches Umweltministerium) eine Neugenehmigung beantragen könnte.

Die Debatte muss geführt werden

Die Entwicklung in den Zwischenlagern ist fatal, das wissen auch die Kritiker um KONRAD, doch kann das nicht der Grund sein, an Schacht KONRAD festzuhalten, nur um sich das Problem aus den Augen zu schaffen. Solange es für den Atommüll keine endgültige Lösung gibt, müssen die Betreiber für eine sichere Zwischenlagerung sorgen und zwar für eine längere Zeitdauer.
Der Zustand der Abfalllagerung im Hier und Jetzt müsse verbessert werden, mahnte Ursula Schönberger. Mit dem Atommüll läge eine schwierige Aufgabe vor uns, die uns niemand ersparen könne. Wir müssen damit umgehen, damit künftige Generationen nicht diese fremdbestimmten Probleme meistern müssen, die wir geschaffen haben.