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Dramaturgische Schieflage beim Leserforum zu Thune

(Mi., 01.07.15/Ut) „Beim Brennpunkt Thune gibt es Antworten“, so die großsprecherische Ankündigung eines Leserforums zu dem die Braunschweiger Zeitung ihre Leserschaft einlud. Antworten gab es tatsächlich, doch nach dem Motto „Was ihr wollt“ war die Veranstaltung auf beliebige Statements und Harmonie angelegt, wobei das Konzept - Einzelinterviews statt Podiumsdiskussion - nur im begrenzten Maße kontroverse Auseinandersetzungen zuließ, zumal der moderierende Redakteur Henning Noske die Reihenfolge und Dauer der Interviews lenken konnte.

Dabei hätte die Gästeliste mit Stefan Wenzel (Umweltminister Niedersachsen), Dr. Thomas Huk und Astrid Buchholz (Bürgerinitiative Strahlenschutz, BISS), Dr. Gunnar Mann und Prof. Klaus Kocks (Eckert & Ziegler, E&Z), Heinz Georg Leuer (Stadtbaurat Braunschweig), Hartmut Kroll (Ortbürgermeister Wenden / Thune / Harxbüttel) jene spannungsgeladene Podiumsdiskussion entwickeln können, die das Publikum erwartete.

Bald zwei Stunden bekamen Wenzel, Mann und Leuer Gelegenheit über Grenzwerte, Gerichtsfestigkeit und Expansionsmöglichkeiten trotz neuen Bebauungsplans zu sprechen. Grundsätzliche Probleme, die am Standort schon im gegenwärtigen Ist-Zustand vorhanden sind,  gerieten dabei zur Marginalie. Die Kritiker des Standortes hatten in der verbleibenden Restzeit kaum noch Gelegenheit, die Probleme auszuführen. Auch die Resolution des Ortsrates fiel dem Zeitdiktat zum Opfer. Da tröstet es kaum darüber hinweg, dass Dr. Mann – Vorstandmitglied von E&Z – sich und seine Firma fortwährend selbst entlarvte.

Mann bekräftigte, dass es keine Atommülldrehscheibe in Thune geben werde wie Kritiker behaupteten. Die Firma könne das zwar machen, wenn sie das wolle, aber es habe einen Paradigmenwechsel bei E&Z gegeben und sie konzentrieren sich jetzt nur noch auf ihr Kerngeschäft. Den Vorschlag aus dem Publikum diese Aussage rechtkräftig zu machen, lehnte er ab. Sie nähmen lediglich die radioaktiven Abfälle ihrer Kunden zurück, um sie zu konditionieren, so Mann. Die Antwort auf die Frage, wer denn diese Kunden ihres „Dienstleistungsbetriebes“ wären, blieb er schuldig. Klar dagegen seine Definition für die Eignung eines Standortes: „Geeignet ist ein Standort, wenn die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.“

Baudezernent Leuer verteidigte den neuen Bebauungsplan als ausgewogen, ebenso die Auflage, dass die Umgangsgenehmigung für radioaktive Stoffe nicht erweiterbar sei. Der Firma warf er unkonkrete Vorschläge vor, die auf eine Klage abzielen anstatt einen Konsens anzustreben. Den Standort selber hinterfragte er nicht. Dieser Frage entzog sich auch Umweltminister Wenzel. Immerhin hat das Niedersächsische Umweltministerium die Atomaufsicht zur Chefsache erklärt und führt eigene Messungen durch. Auch kritisierte der Minister die immens hohe Umgangsgenehmigung, die durch eine sog. 2000 Stunden-Sonderregelung einen viermal höheren Wert als den Grenzwert zulässt. Der übliche Grenzwert, so Wenzel, würde bei E&Z häufig überschritten und hier kündigte er eine Korrektur der Genehmigung an.

Dass es mit der Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen nicht zum Besten bestellt sei, konnte Thomas Huk fast am Ende noch einwerfen und überführte den Vorstand von E&Z in mehreren Fällen der Unwahrheit. Beispielsweise wenn es um die Anzahl der sog. Konrad-Container für Sachsen und Berlin ging, deren Anzahl im Bericht der Bundesregierung die Angaben des Dr. Mann um ein Vielfaches übersteigen. Ortsbürgermeister Kroll forderte zu guter Letzt noch Gesundheitsregister für die betroffenen Gemeinden ein. Zu näheren Ausführungen bekam er keine Gelegenheit mehr.

Fazit von Redakteur Noske: „Die Bürger muss man beteiligen, anhören und ernst nehmen“ Wie es nicht ablaufen sollte, dafür hat dieses Leserforum als Paradebeispiel gedient.

Pressemitteilung der BISS: Das BZ-Leserforum brachte Erkenntnisse, aber keine Ergebnisse.