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Wirklichkeiten im Wendland

(01.12.11/Sg) Eine etwas andere Arbeitswoche liegt hinter mir. Sieben Tage war ich im Wendland. Bereits viele Wochen vorher war für mich klar, dass ich im Camp Hitzacker mitarbeiten wollte. Als ich im Sommer das Angebot bekam bei der Camp- Orga mitzumachen, zögerte ich keinen Augenblick mit meiner Zusage. Dies wurde mein erster Aufenthalt im Wendland während eines Castor- Transportes und ich hatte keine Ahnung was mich erwarten würde.

 

Jetzt da ich wieder in Braunschweig bin, bin ich etwas sprachlos. Alles was ich gesehen habe, erlebt und gespürt, verdanke ich vor allem meiner Gastfamilie und meinem Team. Ich habe mich die ganze Zeit zu Hause gefühlt, war von politischen Menschen umgeben, die in Ihrer Gastfreundschaft nicht zu übertreffen waren. Ich habe eine Zusammenarbeit erlebt, deren Ruhe und Besonnenheit außergewöhnlich war. Schon im Vorfeld hatte ich bei einem Treffen Gelegenheit das Camp- Team kennenzulernen. Vorwiegend EinwohnerInnen, Familien aus Hitzacker haben das Camp aufgebaut und alles für die Ankunft der Demonstranten vorbereitet. Plenar- und Schlafzelte aufgebaut, Feuerstellen vorbereitet, Holzvorräte angelegt, beheizte Bauwagen oder mit Stroh gepackte Hänger aufgestellt. Weder Internet noch Live- Übertragung des Castor- Ticker fehlten. Für das leibliche Wohl war die VolXküche Kokorelle(die fröhliche Haushälterin) aus Flandern angereist und verwöhnte uns mit veganer Küche. 

 

Ein besonderes Erlebnis war für mich, dass mir meine Gastgeber ihre Kinder und deren FreundInnen anvertrauten. Mit dem familieneigenen Auto ging es vollbesetzt zur SchülerInnen- Demo am 24.11.11 nach Lüchow. Dort verdingte ich mich als Radengel und ich war beeindruckt von den vielen Kids, die lautstark ihren Protest gegen den Castor und das Zwischenlager auf die Straße brachten. Besonders gestaunt habe ich wie gut die Kinder Bescheid wissen und sich politisch äußern, super. Sie leben den Widerstand, werden damit groß, sind kritisch und super lustig. Während ich eher respektvoll vor Größe der Traktoren und der unverhältnismäßigen Anzahl von PolizistInnen den Demo- Zug begleitete, waren sie ausgelassen und kämpferisch.

Im Gespräch mit Mutter und Vater erfuhr ich auf die Frage, wie sie die Tage des Transportes erlebten, dass das Gefühl der Wut das überwiegende sei, aber auch das der Belästigung von den Hundertschaften von Polizeiwannen, die die Luft dieser herrlichen Landschaft mit ihrem unnötigen Macht- demonstrierenden Rumgefahre verpesteten. Auffällig sei auch, dass die Kleinsten die umschlagende Stimmung durch Gereiztheit und Aggression wiedergeben würden. Alle sind durch jeden neuen Transport der strahlenden Fracht stark emotional belastet. Umso mehr werden alle ankommenden ProtestlerInnen willkommen geheißen, damit dieser Wahnsinn beendet wird. In meiner Unterkunft waren wir zeitweise 13 Personen!

Während meiner Arbeit im Camp hatte ich einige Male etwas Zeit mich den Protestaktionen anzuschließen. An der Bahnstrecke war ich eine der Ersten, die den Zug in Hitzacker einfahren sah.

 

In Laase erlebte ich die letzte große Begegnung der BewohnerInnen des Landkreises vor Ankunft der Castoren im Zwischenlager. Dort brachten sie ihre Genugtuung, den Transport über 125 Stunden aufgehalten zu haben mit Feuerwerk und brennenden Strohballen zum Ausdruck. Die Szenerie war so unwirklich, passend zu dem was da angerollt kam. Auf dem Acker in Laase erfuhr ich dann auch die Vorgehensweise des Polizeistaates, der provozierend durch die Demonstranten lief und die Waffe Wasserwerfer gegen friedliche Menschen einsetzte. Die ungeheure Ruhe, mit der sich die Menschen gegen diese Polizeiaktionen stellten, wie sie zusammengerückt die Situation aushielten werde ich nicht vergessen. mehr Fotos