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O – Oberster Strahlenschützer

Geschütztes Kulturgut | Zugegeben, er selber kann nichts dafür. Die Medien haben dem Chef des Bundesamtes für Strahlenschutz den Titel „Oberster Strahlenschützer“ verliehen. Auch wenn dieser Titel, klischeehaft, eher an eine Karnevalskostümierung erinnert, bringt er dennoch jene Absurdität zum Ausdruck, die seinem Amt anscheinend inne wohnt.

Als die Bundesregierung sich diese Strahlenschutzbehörde einrichtete, habe ich mir sofort die Frage gestellt, wozu wir ein Amt brauchen, das Strahlen schützt. Sind Strahlen etwa so eine Art besonders zu schützendes Kulturgut? Und wovor müssen sie geschützt werden? Kann ihnen denn überhaupt irgendjemand etwas anhaben, da sie selbst wehrhaft sind, aggressiv und zudem nicht greifbar? Wäre es deshalb nicht sinnvoller Menschen vor Strahlen zu schützen, statt umgekehrt? Fragen über Fragen.

Unsere Bundesregierungen scheinen sich immer weniger für Fragen zu interessieren und noch weniger für den Schutz von Menschen, auch wenn sie das manchmal behaupten. Wenn sie von Sicherheit sprechen, ist in seltensten Fällen von Menschen die Rede, nein, sie denken garantiert gerade über die Sicherung ihrer momentanen Lieblingsobjekte nach.

Nun sind Atommülllager zwar nicht gerade hitverdächtig auf der Liste solcher Lieblingsobjekte, dennoch bieten sie ein nicht zu unterschätzendes Potential an Machtdemonstration, und Macht wiederum regiert unangefochten auf Platz eins. Also: höchste Sicherheitsstufe ist geboten! Zaunanlagen werden aufgeboten, ein Überwachungsapparat mit größtem technischen Know-how aufgebaut, geradeso als handele es sich um  Schatzkammern des Königs. Und der Oberste Strahlenschützer fungiert als Schatzmeister in diesem Spiel.

Wenn Strahlen aber keine Schätze sind, ja nicht einmal Kulturgut, wenn sie sich obendrein selber schützen, dann darf man sich schon die Frage stellen: Was schützt er da eigentlich?

Antonia Uthe