30 Jahre AG Aktuell

30 Jahre AG

AG Schacht KONRAD beim Kirchentag in Berlin

(Di., 30.5.17/MN) Ganz Berlin erstrahlt in Orange – so titelte die Berliner Zeitung am 25.05. und bezog sich damit auf die Farbe des Kirchentags 2017. Die Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD war dabei beim Markt der Möglichkeiten in Halle 2.2 H20 mit einem Stand gemeinsam mit ‚ausgestrahlt‘. Unser Stand war geprägt durch die Farbe gelb mit dem Symbol der roten Sonne – das Symbol, das für den seit Jahrzehnten dauernden Widerstand gegen die Atomenergie steht. Und durch das viele Besucher des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentags angezogen wurden – junge Besucher, für die das Symbol durchaus bekannt war – ältere Besucher, die es natürlich auch kennen, die es an eigene Aktivitäten gegen die Nutzung von Atomenergie erinnert.

So meinten auch viele: „Wie gut, dass Ihr hier seid. Nicht gut ist, dass das Thema nach wie vor nicht gelöst ist und uns noch Jahrzehnte beschäftigen wird, da es noch keine Lösungen für den Umgang mit dem angefallenen und nach wie vor anfallenden Atommüll gibt.“ Es herrschte an den drei Tagen ein reger Besucherandrang. Viele Besucher beschäftigt ebenso wie uns die Frage, wohin denn mit dem Müll? Wie kann denn ein möglichst sicherer Ort gefunden werden? Und immer wieder wurde das Erschrecken darüber ausgedrückt, dass vor Jahrzehnten die Entscheidung für die Nutzung der Atomenergie getroffen wurde, ohne dass es ein Konzept für den Umgang mit Atommüll gab.

Verantwortungslos – so lautete oft der Kommentar. Und es gab viel Interesse und Fragen zur aktuellen Situation. Viele Informationen waren für die Besucher neu; z.B. dass der Schacht KONRAD das einzig genehmigte Endlager ist; nämlich für schwach- und mittelradioaktiven Müll. Wo liegt der Schacht denn eigentlich? Dass er in Salzgitter liegt, war oft nicht bekannt; oft wurde angenommen, dass er im Ruhrpott liegt. Eine gute Gelegenheit, darüber zu informieren, was unsere Forderungen sind; u.a. die ganzheitliche Neubewertung von Schacht Konrad nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik, die Berücksichtigung einer Option der Rückholbarkeit sämtlichen endzulagernden Atommülls, die bei Schacht Konrad nicht gegeben ist. Und dass wir letztlich generell die Endlagerung von Atommüll in der Schachtanlage Konrad ablehnen – unsere Forderung zusammengefasst: ‚KONRAD STOPPEN‘ – was dann oft bei den entsprechenden Buttons bei den Besuchern andere Assoziationen hervorrief, wenn dann z.B. der Sohn oder ein Freund auf den Namen Konrad hört. Das konnte dann aber rasch geklärt werden, was wir mit ‚KONRAD STOPPEN‘ meinen und fordern.

"Immer wieder hört man in unserer Region vom Schacht KONRAD und doch weiß man so wenig darüber. Auf dem Kirchentag in Berlin stieß ich zufällig auf den Stand der AG Schacht KONRAD. Ich war total beeindruckt zu sehen, welche Arbeit dort geleistet wird und da mich dieses Thema oft beschäftigt, entschloss ich mich spontan, Mitglied zu werden. Ich hoffe, dass ich mich dadurch mehr mit dem Thema auseinandersetzten werde und in Zukunft vielleicht auch aktiv etwas beitragen kann." - Merlin Thörmann (19)

 

Blickfang waren auch die Widerstands-Qietsche-Ente, die ‚ausgestrahlt‘ dabei hatte, als Zeichen des Protestes gegen die fünf Transporte, mit denen auf dem Neckar 15 Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll aus dem AKW Obrigheim nach Neckarwestheim gebracht werden sollen, was unnötig und gefährlich ist.

Viel Interesse und Fragen gab es zur geplanten Menschenkette am Sonntag, den 25.6., die trinationale "Kettenreaktion" wird 90 Kilometer lang sein und vom belgischen Schrottreaktor Tihange über Lüttich und Maastrich nach Aachen führen. „Wir sind schon angemeldet und nehmen gerne Informationsmaterial mit, damit noch mehr Menschen informiert werden und mitmachen“, so äußerten sich viele Besucher. Auch die Arbeitsgemeinschaft fährt mit einem Bus nach Tihange, um ein deutliches Zeichen für die Forderung nach Abschaltung der gefährlichen Pannen-Reaktoren in Tihange, Doel und anderswo zu setzen. DENN JEDER METER ZÄHLT in der Menschenkette.

 

Erstaunt waren die Besucher immer wieder, wenn sie mit Blick auf die ‚Atommüll-Karte’ feststellten, an wie vielen Orten in Deutschland Atomkraftwerke laufen, auf den Rückbau warten und wie viele Zwischenlager, Uranabbauhalden es gibt – usw. usw. Die Karte wurde dann auch als gutes Anschauungsmaterial für den Unterricht in Schulen mitgenommen. Denn auch darin waren sich Standpersonal und Besucher (jung wie alt) einig, dass das Thema auch an die Schulen gehört. Nachfragen gab es auch zur geplanten Sommerakademie vom 2.-6. August 2017 in Wolfenbüttel, ein Forum, um das Wissen über das atomare Erbe als Herausforderung für die nächste Generation weiterzugeben. Eine interdisziplinäre Gruppe von StudentInnen und jungen WissenschaftlerInnen wird bei der Sommerakademie des "Atommüllreport" folgenden Fragen nachgehen: Welches atomare Erbe hinterlassen wir künftigen Generationen? Welche Probleme ergeben sich bei der Lagerung radioaktiver Abfälle? Welche Kosten werden entstehen und wie werden diese finanziert?

Auch für dieses Projekt wurden beim Kirchentag Multiplikatoren gefunden, die das Projekt gut, richtig und wichtig finden und gerne dafür werben werden. Erfreulich auch, dass ein junger Besucher aus der Region Braunschweig sich spontan für eine Mitgliedschaft bei der Arbeitsgemeinschaft entscheiden konnte – die Entschlossenheit und Unterstützung wünschen wir uns und brauchen wir.

Genau wie der Bundespräsident Dr. Frank Walter Steinmeyer bei einem Vortrag unter der Fragestellung ‚Ist die Vernunft noch zu retten‘ meinte, dass die demokratische Kultur nur mit Vernunft zu retten sei, genauso fordern wir auch Vernunft beim Umgang mit den Hinterlassenschaften der Atomindustrie – Lösungen, die alle Arten radioaktive Abfälle einbeziehen, die ergebnisoffen sind und gründlich alternative Lagermethoden untersuchen und die Bevölkerung ernsthaft beteiligen.

Wir haben uns gefreut über viele Gespräche und Diskussionen mit offenen und interessierten Menschen und viel Unterstützung bekommen und Ermutigung erfahren, Das nehmen wir gerne mit nach Hause, so wie es ein Besucher aus Finnland am Stand ausdrückte: YOU DO A GREAT WORK.