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Kein Deckel für Schacht KONRAD

(Mo, 31-03-2014/Ut) Die aktuelle Atommülldebatte darf nicht nur über hochradioaktiven Müll geführt werden, sondern muss alle Arten radioaktiver Abfälle einschließen und das Projekt Schacht KONRAD neu bewerten. Diese Forderungen haben VertreterInnen aus Salzgitter in einem gemeinsamen offenen Brief an die verantwortlichen MinisterInnen im Bund und den Ländern, die MinisterpräsidentInnen der Länder und die BerichterstatterInnen der Bundestagsfraktionen gesandt und heute vor der Presse in Hannover vorgestellt. [offener Brief]

Sie sollen eine Auseinandersetzung mit dem Standortauswahlgesetz flankieren, welches nur zwei Kategorien von Atommüll vorsieht: nämlich radioaktive Stoffe mit starker und geringer Wärmeentwicklung. Wobei ausschließlich Kriterien für die Lagerung wärmeentwickelnder Stoffe erarbeitet werden sollen, nach dem Motto: für radioaktive Abfälle mit geringer Wärmeentwicklung haben wir Schacht KONRAD. „Doch genau da liegt das Dilemma“, sagte Ursula Schönberger, Autorin der Bestandsaufnahme Atommüll in Deutschland. „Das Zweilagerkonzept gehe nämlich nicht auf. Schacht KONRAD erfüllt weder qualitativ noch quantitativ die Anforderungen an ein Atommülllager und nur weil KONRAD einen Rechtstitel hat, lässt es sich nicht einfach gutrechnen.“ Bevor nach Orten gefahndet werde, so Schönberger, müssen erstmal Umgangsformen für die unterschiedlichsten Partien von Atommüll gefunden werden. Schacht KONRAD ist längst obsolet, nicht nur weil die Sanierung sich erheblich schwieriger gestaltet, und die Inbetriebnahme sich mittlerweile von 2013 nach z. Zt. 2024 verschoben hat, sondern auch, da viele Atommüllpartien mit geringer Wärmeentwicklung nicht in Schacht KONRAD eingelagert werden könnten, weil sie die Kriterien des Planfeststellungsbeschlusses nicht erfüllen.

Der offene Brief spiegele die Position der Stadt Salzgitter wider, bekräftigte der Salzgitteraner Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU). Auch er fordert für Schacht KONRAD eine Bewertung nach den aktuellen Maßgaben von Wissenschaft und Technik, wie sie auf Projekte Erneuerbarer Energien anwendet würden. „Alles ist im Fluss“, sagte Klingebiel, „wir machen alles auf, nur bei KONRAD machen wir einen Deckel drauf.“

Björn Harmening von der IG Metall Salzgitter-Peine sieht eine permanente Gefährdung tausender Menschen, die ihre Arbeitsplätze in unmittelbarer Nähe des Einlagerungsschachtes hätten. Insbesondere, weil der Schacht sich auf dem Gelände der Salzgitter AG befinde, unweit der Hochöfen des Walzwerkes. Den Vorwurf des „Sankt-Florian-Prinzips“ lässt er nicht gelten, denn „bei KONRAD laufen alle negativen Kriterien zusammen.“ Zudem habe es mit dem AkEnd (Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte) und der Ethikkommission durchaus Ansätze gegeben, Konzepte für die Atommüllfrage zu entwickeln, doch habe die Politik diese Ansätze nicht weiter verfolgt.

Fehlerresistenz attestiert auch Ulrich Löhr vom Landvolk Braunschweiger Land der Atompolitik. Nach dem Desaster in ASSE II sei es für ihn unabdingbar, „ dass Atommüll in Zukunft oberflächennah und rückholbar gelagert werden muss.“ Während international längst über unterschiedliche Optionen von Oberflächenähe, Rückholbarkeit oder Bergbarkeit diskutiert wird, wird für KONRAD unbeirrt an einem Konzept aus den 1980iger Jahren festgehalten, dass bereits in der ASSE II und Morsleben gescheitert ist.

Da das Standortauswahlgesetz insbesondere den Umgang mit dem hochradioaktiven Müll vorsieht, möchten die Fraktionen nur den hochradioaktiven Müll betrachten und den übrigen Müll, bzw. die Debatte um das Projekt Schacht KONRAD, umgehen. Sobald nach dem Langzeitsicherheitsnachweis gefragt wird, wird das zu kurz greifen. Die Politik verweigert sich bei der Betrachtung der gesamten radioaktiven Abfälle. Spätestens wenn ein Ort benannt wird, sind die Grabenkämpfe vorprogrammiert.